Schöffenwahl Thema in der JuMiKo
Hasso Lieber
Die Frühjahrskonferenz der Justizministerinnen und Justizminister (JuMiKo) am 5. und 6. Juni 2025 in Bad Schandau hat sich mit der „Rechtssicherheit bei Verzögerungen im Rahmen der Schöffenwahl“ befasst.1 Auslöser für die Diskussion waren Vorkommnisse bei der Schöffenwahl 2023, bei denen insbesondere AfD-Fraktionen in Gemeindevertretungen und Kreistagen, in denen sie über mehr als ein Drittel der Sitze verfügten, den Beschluss der Vorschlagsliste für den Wahlausschuss des Amtsgerichts oder die Wahl der kommunalen Vertrauenspersonen für diesen Ausschuss verhinderten. Alle personalen Beschlüsse und Wahlen im Verlauf der Schöffenwahl bedürfen einer Zwei-Drittel-Mehrheit.
Die sächsische Justizministerin Prof. Constanze Geiert hat das Thema auf die Tagesordnung der JuMiKo gebracht. Auf ihren Vorschlag sprach sich die Konferenz dafür aus, dass die amtierenden Schöffinnen und Schöffen auch nach dem regulären Ende der Amtsperiode noch so lange im Amt bleiben, bis die Schöffenwahl für die neue Amtsperiode abgeschlossen ist. In einem Fachgespräch vor der Konferenz zwischen einem Mitarbeiter des Ministeriums, dem Vorsitzenden der mitteldeutschen Schöffenvereinigung VERM und PariJus wurde der Vorstoß prinzipiell positiv aufgenommen, zugleich von den beiden Organisationen auf die Probleme für die betroffenen ehrenamtlichen Richterinnen und Richter hingewiesen, wenn sich die Blockade über Jahre hinziehen würde. Sie brachten als Alternative ins Gespräch, die Schöffenwahlen zu entzerren und jährlich ein Fünftel der Schöffen neu zu wählen, sodass die Amtszeit weiterhin fünf Jahre beträgt, die Wahlen in geringeren Zahlen aber bei kontinuierlicher Befassung in den Gemeindevertretungen und Jugendhilfeausschüssen problemloser bewältigt werden können. Soweit ersichtlich, sind Alternativen zu dem sächsischen Vorschlag in der JuMiKo nicht diskutiert worden.
Zwei Probleme sind im Status quo voneinander zu trennen: a. Soweit in einer einzelnen Gemeinde eine Minderheitenfraktion in der Gemeindevertretung die Beschlussfassung der Vorschlagsliste verhindert, sind die Auswirkungen für die gesamte Schöffenwahl eher gering. Wenn eine Gemeindevertretung eine Vorschlagsliste nicht zustande bringt, muss die verhindernde Fraktion der Bevölkerung erklären, warum in der künftigen Amtsperiode aus ihrer Gemeinde ehrenamtliche Vertreter der Gesellschaft an der Rechtsprechung nicht teilnehmen können. Da jede Gemeinde die doppelte Zahl der benötigten Schöffen vorschlagen muss, werden die fehlenden Schöffen aus den übrigen Gemeinden gewählt. Nachhaltige Probleme treten allerdings auf, wenn der Bezirk des Amtsgerichts mit der Gemeinde deckungsgleich ist. b. Wird von der Minderheitenfraktion die Wahl der Vertrauensperson(en) aus der Bevölkerung des Amtsgerichtsbezirks verhindert, muss eine andere Maßnahme ergriffen werden. Die Vertrauenspersonen werden für die gesamte Amtsperiode gewählt, sodass für den Fall einer Blockade ihre Amtszeit verlängert werden müsste, um dann die Neuwahl der Schöffen vorzunehmen. Diese Variante hatte die JuMiKo nicht behandelt. Eine unvorhergesehene Verlängerung der Amtszeit wäre weder den Schöffen zumutbar noch rechtlich vertretbar, wenn die Schwierigkeit bei der Wahl der Vertrauenspersonen besteht.
In diesem Zusammenhang wurde von PariJus auf ein seit Jahrzehnten beobachtetes Problem hingewiesen. Da die Schöffenwahlen alle fünf Jahre stattfinden, wechselt die Zuständigkeit in der Kommunalverwaltung für die Vorbereitung der Vorschlagsliste fast jedes Mal. Vom Berliner Fortbildungsinstitut BITEG und der PariJus gGmbH werden seit mehreren Amtsperioden Fortbildungsangebote für die zuständigen Mitarbeiter gemacht. Eine Entzerrung der Schöffenwahl würde eine Kontinuität des Wissens garantieren.
Abschließend wäre zu wünschen, dass sich das Bundesministerium der Justiz, das Ansprechpartner der JuMiKo-Beschlüsse ist, vertieft mit einem Vorschlag befasst, der die ehrenamtlichen Richterinnen betrifft. Auf Initiative des Landes Sachsen-Anhalt hat sich die Frühjahrskonferenz 2023 (!) mit der unterschiedlichen Rechtslage zum vor- und nachgeburtlichen Mutterschutz von Berufsrichterinnen und ehrenamtlichen Richterinnen befasst. Die Konferenz sprach sich für eine Verbesserung der Regelung des Schutzes der ehrenamtlichen Richterinnen aus und bat das Ministerium, einen Regelungsvorschlag vorzulegen.2 Ein solcher Vorschlag liegt bislang nicht vor.3
- 96. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister am 5./6. Juni 2025, TOP I.4 [Abruf: 1.9.2025]. ↩︎
- 94. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister am 25./26. Mai 2023, TOP II.35 [Abruf: 1.9.2025]. ↩︎
- Zur gegenwärtigen Rechtslage vgl. Lieber/Sens, Fit fürs Schöffenamt, 2024, S. 278 f. ↩︎
Zitiervorschlag: Hasso Lieber, Schöffenwahl Thema in der JuMiKo, in: LAIKOS Journal Online 3 (2025) Ausg. 2, S. 61.